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Mikroblog

DC-Netze erobern unsere Welt

12.09.2025

Die meisten heute mit Strom betriebenen Geräte laufen mit Gleichstrom, also mit DC. Unser Smartphone, der PC, das Notebook, der Fernseher, der Akkuschrauber, auch unsere Beleuchtung mittels LEDs, verbaute Rollos, ebenso E-Autos und sogar unsere Waschmaschinen (da DC-Motoren auch wesentlich leiser sind) werden mit Gleichstrom betrieben. Diese Aufzählung ließe sich fast endlos fortsetzen. 

Wir leben schon längst in der Gleichstrom-Welt.

Auch bei der Produktion von Strom hat sich einiges geändert. Wurden im letzten Jahrhundert noch hauptsächlich fossile Ressourcen zur Stromerzeugung verbrannt, hat sich der Strommix in den letzten Jahren zugunsten der erneuerbaren Energien verschoben. Dabei wächst der Anteil an Photovoltaik weiterhin sprunghaft, auch ausgelöst durch sehr günstige PV-Module aus China. 

Ebenfalls ein enormer Wachstumsschub gab und gibt es bei den PV-Speichern. Gerade durch den starken Preisverfall in den letzten Jahren wollen immer mehr Firmen große Speicheranlagen in Betrieb nehmen. Die Menge der Anträge übersteigt allerdings bei weitem die Bearbeitungskapazitäten der Sachbearbeiter. 

Was hat dies nun mit DC-Netzen zu tun? Sowohl PV-Anlagen (Solarzellen) als auch PV-Speicher (z.B. LiFePO4) basieren auf Gleichstrom-Technik. Wenn beispielsweise in einem Gebäude mittels PV auf dem Dach DC-Strom erzeugt und damit der PV-Speicher im Gebäude geladen wird, ist es wesentlich verlustloser, die beiden Systeme mittels DC zu koppeln, als den Umweg über das AC-Netz (Wechselstrom) zu gehen. Beim Umweg über das AC-Netz entstehen bei jedem Schritt (von DC nach AC und von AC nach DC) Verluste, die nicht unerheblich sind. Ebenso verhält es sich, wenn wir unsere Geräte an das Wechselstromnetz anschließen, um mittels Netzteile die benötigten Gleichströme zu erhalten. Deshalb hat ein Umdenken schon länger dazu geführt, mehr auf DC-Netze zu setzen, was ein Effizienzschub mit sich bringt. Durch den Verzicht auf Umwege über AC lassen sich Bauteile einsparen, was auch der Stabilität der Komponenten zugute kommt - nach dem Motto "Weniger ist mehr". 

Die DC-Technik ist keine neue Erfindung, sondern existiert schon sehr lange. Deshalb gibt es auch Lösungen, die beim Schalten von Gleichstrom durch Relais entstehen, was manche Kritiker von DC vorbringen. 

DC Microgrid

In der industriellen Fertigung und inzwischen auch vereinzelt in Rechenzentren setzt man inzwischen vermehrt auf Gleichstrom bzw. entsteht eine starke Nachfrage nach DC-Systemen. Dabei geht der Trend bei der Energieverteilung mittels DC zu 800 V  über zwei Leiter. 

800 V DC Systeme kennen wir inzwischen aus dem E-Automobil-Bereich, das eingeführt wurde, um schneller laden zu können und mehr Antriebsleistung zu generieren. 

Aktuell werden lokale DC Microgrids über das AC-Netz der Stromnetzbetreiber versorgt. Daneben werden aktuell neue Gleichstromtrassen in Deutschland von Nord nach Süd gebaut, um Strom von Windkraftanlagen an der Küste zu transportieren. Also auch hier wird auf Gleichstrom gesetzt. 

Wenn man diese Fakten extrapoliert, kann man zum Schluss kommen, dass auch in  Zukunft die bestehenden AC-Netze, die unsere Gebäude versorgen, auf DC umgestellt werden. 

Dies unterstreicht auch den Trend, E-Autos als Speicher für das eigene Haus oder Netz-dienlich zu verwenden. Die Schlagworte sind "Vehicle-To-Home (V2H)" und "Vehicle-To-Grid (V2G)". Dies ist keine Zukunftsmusik, sondern wird beispielsweise schon in Frankreich kommendes Jahr eingeführt. Hersteller präsentieren ihre Wall-Boxen, die bidirektionales Laden anbieten. Hier werden inzwischen auch DC-Systeme angeboten. Aktuell auf der IAA-Messe präsentiere BMW seine bidirektionale 11 kW-DC-Wallbox für ca. 2.000 €. 

Der Umstieg auf Gleichstrom bei bidirektionalem Laden macht natürlich um so mehr Sinn, wenn man sein Gebäude (gemeint ist hier auch explizit das private Wohnhaus) auf DC umgestellt hat und dadurch Wandlungsverluste und Bauteil-Aufwände reduziert. 

DC-Netze in (Wohn-)Gebäuden

Einige aktuelle Spezifikationen und Techniken zeigen auch hier, wohin die Reise geht bzw. gehen könnte. Die üblich in Deutschland verbaute Schuko-Steckdose könnte in naher Zukunft ausgedient haben. 

Wenn nicht mehr aus 240 W DC benötigt werden, kann USB PD Revision 3.1 den Bedarf über beispielsweise in einer Wand verbaute USB-C Buchse die Energie bereit stellen. 

Neben USB-C als Standard bietet auch Power-over-Ethernet (PoE) verschiedene Leistungsklassen an. Maximal 90 Watt an Leistung (802.3bt-2018) sind aktuell spezifiziert, was anhand der dünnen Leitungen schon erstaunlich ist. 

Für Mehrbedarf existieren einige Verbindungssysteme, die Verwendung finden. Hier wird aber noch eine Konsolidierung oder Neuentwicklung stattfinden. 

Sowohl USB PD als auch Power-over-Ethernet nutzen DC-Spannungen im Bereich von 48 V, zu dem es auch Parallelen bei PV-Speichersystemen gibt, die ebenfalls in diesem Spannungsbereich arbeiten. 

Aktuell gibt es wenige mir bekannter Gebäude, die komplett auf DC-Technik umgestellt wurden. Allerdings ist es nur eine Frage der Zeit und der politischen Rahmenbedingungen, wann verstärkt DC-Systeme in unseren Haushalten und Köpfen Einzug finden. In unseren Hinterköpfen sollten wir diesen Trend behalten und bei diesbezüglichen Entscheidungen immer vor Augen führen, um sich die Zukunft nicht zu verbauen.

Im privaten Bereich muss man erst einmal Handwerker und Berater finden, die sich mit dieser Materie auskennen. Aktuell sind in Deutschland nach eigenen Erfahrungen nicht einmal viele Elektrofirmen soweit, dass sie Smart Home Installationen außerhalb der KNX-Welt anbieten können. Viele Handwerker scheuen sich davor umzudenken oder es fehlt ihnen an Hintergrundwissen. Dies ist aber ein ganz anderes Thema.

Abschließend kann man sagen: Die DC-Welle wird auf uns zurollen, was sich auch positiv auf unser Klima auswirken wird. Lassen Sie sich nicht von politischen Strömungen und Zickzack-Kursen verunsichern. Nostalgische Gedanken sind gut und schön, aber werden uns nicht weiter bringen.